Extremistische
Einstellungen und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sind in der
Allgemeinbevölkerung verbreitet und stellen unsere Gesellschaft vor
große Herausforderungen. Auch Ärzt:innen und Psychologische
Psychotherapeut:innen sind mit extremistischen Einstellungen im Rahmen
der Krankenbehandlung konfrontiert. Das Spektrum umfasst dabei neben den
klassischen Phänomenbereichen wie dem Rechts- und Linksextremismus
sowie islamistisch motivierte Ideologien auch neuere Strömungen, z.B.
die sogenannte „Querdenken“-Bewegung.
Damit mit diesen Hintergründen besser umgegangen werden kann und ungünstige Entwicklungsverläufe von einzelnen Menschen oder Gruppen vermieden werden können, sind alle Berufsgruppen gefragt, sich mit dem Thema Radikalisierung und Extremismus auseinander zu setzen.
Menschen mit psychischen Erkrankungen können dabei für extremistische Einflüsse besonders vulnerabel sein. Dies macht die Rolle von Ärzt:innen sowie Psychotherapeut:innen und ihre zentrale Bedeutung in der Extremismusprävention deutlich. Sie können aufgrund ihrer vertrauensvollen Beziehung zentrale Ansprechpersonen für Patient:innen mit extremistischer Einstellung oder auch für ihre Angehörigen sein.
Bereits vor einigen Jahren wurde in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikum Ulm ein Projekt mit dem Thema Extremismus durchgeführt. Zunächst entstand im Auftrag des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eine Handlungsempfehlung für Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen, um Grundlagenwissen im Zusammenhang mit Radikalisierungsprozessen zu vermitteln. Diese Handlungsempfehlung wurde vielfach von Fachkräften aus Kliniken und ambulanten Praxen angefragt. In der Folge entstand die Idee, eine E-Learning-Fortbildung zu entwickeln und das Thema Vernetzung und Kooperation mit anderen Berufsgruppen im Bereich der Extremismusprävention voranzubringen.
Dabei sollte
vordergründig der Phänomenbereich des Islamismus fokussiert werden,
wobei auch andere Phänomenbereiche zur Vollständigkeit mitberücksichtigt
werden.
Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Angehörige aus den Heilberufen,
zunächst möchte ich Ihnen im Namen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für das entgegengebrachte Interesse an dem Handlungsfeld der Extremismusprävention herzlich danken.
Das Projekt „Aktivierung von Angehörigen von Heilberufen für das Thema Extremismusprävention durch Qualifizierung und Vernetzung“, aus dem diese Webseite und die E-Learning-Fortbildung heraus entstanden sind, wird durch das Bundesamt gefördert, weil wir den Extremismus in all seinen Erscheinungsformen für ein hochrelevantes Thema erachten, das große Auswirkungen auf Kernbelange der inneren Sicherheit und auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland hat.
Unsere freiheitlich-demokratischen Werte, die das Fundament unserer Gesellschaft ausmachen, sind keine Selbstverständlichkeit. Vor allem in den vergangenen Jahren ist diese Erkenntnis wieder verstärkt in das kollektive Bewusstsein gerückt – nicht nur durch Anschlagsgeschehnisse in einigen Städten Deutschlands, sondern auch durch die Ereignisse rund um die Reichsbürgerbewegung und die Präsenz von bisweilen verfassungsfeindlichen Teilen innerhalb der sogenannten „Querdenken“-Bewegung. Diese zeigten in den letzten Jahren zudem erhebliche Auswirkungen auf den Gesundheitsbereich.
Extremistischen Bestrebungen – ganz gleich, welche politischen oder ideologischen Vorstellungen damit verbunden sind – müssen wir als Gesellschaft entschieden entgegentreten. Bereits im Jahr 2016 wurde daher von der deutschen Bundesregierung die „Strategie
der Bundesregierung zur Extremismusprävention und Demokratieförderung“ veröffentlicht, die zu einem gesamtgesellschaftlichen und ganzheitlichen Ansatz in der Präventionsarbeit aufruft. Menschen, die sich radikalisieren, werden nicht nur nach Teilaspekten
ihrer Persönlichkeit betrachtet, sondern aus den gebündelten Blickwinkeln verschiedener Berufsgruppen, staatlicher Regelstrukturen und zivilgesellschaftlicher Hilfsangebote. Vor allem Fachkräften aus den Bereichen der Psychotherapie und Psychiatrie
kommt dabei eine ganz besondere Verantwortung zu, da sie einen Blick auf mögliche Erkrankungen haben und zugleich zu einer Versachlichung gesellschaftlicher Debatten beitragen können, wenn es um die Einordnung von möglichen Wechselwirkungen zwischen
Radikalisierung und psychischen Erkrankungen geht.
Die vom Universitätsklinikum Ulm entwickelte E-Learning-Fortbildung und ihr Bestreben im Bereich der Informationsvermittlung zum Thema Extremismus für Fachkräfte aus Heilberufen, sowie die nachhaltigen und langfristigen Maßnahmen zur Verbesserung von Kooperationen zwischen dem Gesundheitsbereich und anderen Professionen, stellen daher einen wichtigen Baustein in der ganzheitlich gedachten Strategie der Bundesregierung zur Bekämpfung von Extremismus dar.
Ich möchte den Verantwortlichen und allen unterstützenden Stellen meinen Dank für die Umsetzung aussprechen. Ihr Einsatz und Fachexpertise sowie ihre Zugänge haben den Erfolg, den das Projekt bereits jetzt vorweisen kann, möglich gemacht.
Ich wünsche allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Fortbildung viel Erfolg und bedanke mich für ihr Engagement!
Corinna Wicher
Leitung der Abteilung 7 - Sicherheit, Aufenthaltsrecht, Rückkehr - des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge
Das Projekt „Aktivierung von Angehörigen von Heilberufen für das Thema Extremismusprävention durch Qualifizierung und Vernetzung“ wird durch die Forschungsgruppe „Gewalt, Entwicklungspsychopathologie und Forensik“ der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/ Psychotherapie des Universitätsklinikum Ulm, unter der Leitung von Frau Dr. Thea Rau und Herrn Prof. Dr. Marc Allroggen, durchgeführt.
Frau Dr. Thea Rau ist Projektleiterin und von Beruf Dipl. Sozialarbeiterin. Sie arbeitet seit über 10 Jahren als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikum Ulm und befasst sich seit vielen Jahren mit dem Thema Gewalt. Seit nunmehr über fünf Jahren forscht sie zum Thema Extremismus. In der Zeit ihrer praktischen Tätigkeit als Sozialarbeiterin entwickelte sie verschiedene Trainings zur Prävention von Gewalt im Jugendalter und untersuchte die Wirksamkeit von Maßnahmen.
Herr Prof. Dr. Marc Allroggen ist Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Leitender Oberarzt und Sektionsleiter der Institutsambulanz und Forensik der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikum Ulm. Seine klinischen und wissenschaftlichen Schwerpunkte sind aggressives und delinquentes Verhalten, Persönlichkeitsstörungen und forensische Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Die Forschungsgruppe setzt sich aus einem Team aus Wissenschaftler:innen aus den Bereichen Medizin, Soziale Arbeit, Soziologie, Kriminologie und Psychologie zusammen.
Kontakt
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/ Psychotherapie
Universitätsklinikum Ulm
Steinhövelstrasse 5
89075 Ulm
Kontaktaufnahme über:
Andrea Klaper (Sekretariat)
E-Mail: heilberufe-extremismus@elearning-gewaltschutz.de